Der Clown

Der Zirkus kam in die Stadt. Und ich war dabei - als Clown, was sonst.

"Der Clown" von Sieger Köder.
"Der Clown" von Sieger Köder.

Ich war vielleicht zwölf Jahre alt, als das Ferienprogramm meines Landkreises einen Mitmach-Zirkus in den Sommerferien veranstaltete. Ich erinnere mich daran, dass es die ganze Woche über regnete. Und dass mich weder Pferde, noch Seiltanz und erst recht nicht der Illusionszauber interessierten. Ich wollte ein Clown sein. Bei der Vorführung am Ende der Woche führte ich mit einer Freundin einen  selbst ausgedachten Clown-Sketch auf. Ich fand ihn damals ziemlich witzig, das Publikum - hauptsächlich Eltern - klatschte wohl eher aus Höflichkeit.

Neulich war ich wieder im Zirkus und weder die Pferde, noch die Elefanten und Löwen oder der Seiltanz waren mein Highlight. Für mich war der Pausen-Clown die beste Nummer des ganzen Abends. Ein Clown, wie ihn nur ein Zirkus haben kann: weiß geschminktes Gesicht, roter Mund, eine Träne am rechten Auge. Mit einem schwarzen runden Hut und bunten Kleidern. Mit viel zu großen Schuhen. Und mit einer Trompete. Es gibt wahrscheinlich nur ein Lied, das dann in der Manege erklingen muss: "Oh mein Papa, war eine wunderbare Clown..." von Lilli Palmer. Und der Clown spielte es. Es ist ein eigenartig fröhlich und zugleich melancholisches Lied. Es ist das Lied eines Clowns, der eben noch lacht und andere zum Lachen bringt und dann weint, sobald er aus dem Leuchtkegel der Manege alleine ins Dunkle tritt. Immer, wenn das Lied bei uns Zuhause im Radio lief, drehte meine Mutter die Lautstärke nach oben und sang mit. Vielleicht, so dachte ich mir, als ich im Zirkus saß und dem Clown mit der Trompete lauschte, bräuchten wir wieder mehr Clowns in unserem Leben. Keine merkwürdigen rotlockigen Fastfood-Hampelmänner oder blutige Beile schwingende Horror-Mörderfratzen. Sondern Zirkusclowns, die uns zum Lachen bringen und die um uns weinen, wenn es der Moment erfordert. Ein Clown mit Tiefgang, sozusagen. Doch an diesem Zirkusabend war es nicht der Clown, der vom Publikum am meisten Applaus erntete. Es war der Illusionszauberer, mit seinen leicht bekleideten Helferinnen und schlechten Nebelmaschinen, der mit uralten Tricks und dröhnender Musik, der den Jubel auf seiner Seite hatte.

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